|
Abb.1: Mundwerkzeuge der Urschnecklinge |
Ein Merkmal, das für den Erfolg der Schnecklinge von enormer Bedeutung ist, sind ihre
Mundwerkzeuge, die Ihnen erlauben, eine Vielzahl von Nahrungsquellen zu erschließen. Bei den einfachsten Urschnecklingen wie zum Beispiel den Sandstrudlern (Abb. 2) bilden diese nur eine Kante an der Unterseite der Mundöffnung (Abb. 1a). Je nach der Ernährung ist diese Kante entweder gerade und scharf oder gezackt (Abb. 1c), so dass Nahrung vom Untergrund abgeschnitten oder geschabt werden kann, indem die Kante über den Boden gezogen wird. Dabei erneuern sich die Mundwerkzeuge der Schnecklinge ständig, indem an der Innenseite neue Schichten angelagert werden, die dann nach vorne geschoben werden und dabei zu einer scharfen Kante gepresst und als solche ausgehärtet werden. Wird eine Schicht abgenutzt, blättert diese ab und legt eine neue scharfe Kante frei (Abb. 1b).
|
Abb. 2: Sandstrudler |
Bei manchen Urschnecklingen kommt bereits eine zweite Kante hinzu, so dass ein greifend-stechender Komplex entsteht, der meist auch durch einen lippenartigen Rüssel gegen den Untergrund abgeschlossen werden kann (Abb. 1d). Diese Anordnung findet sich zum Beispiel bei den blutsaugenden Lausschnecklingen (Abb. 3), bei denen die Mundwerkzeuge nur noch dem Anstechen und Verankern im Opfer dienen
|
Abb. 3: Lausschneckling |
. Bei Lausschnecklingen werden die Mundwerkzeuge häufig auch nur bei einem Wirtswechsel erneuert, wobei die alten Mundstacheln häufig im Opfer zurückbleiben, da sich der Lausschneckling durch einfachen Abwurf der Mundstacheln von diesem trennt.
|
Abb. 4: Mundwerkzeuge höherer Schnecklinge |
|
Abb. 5 Situs eines Neuschnecklings mit Rüssel |
Die meisten höheren Schnecklinge (Kiemen- und Neuschnecklinge) besitzen ein schnabelartiges Paar Mundwerkzeuge (Abb. 4.a), die ein Greifen, Abschneiden oder Aufbrechen von Nahrung erlauben. Dieser Schnabel sitzt bei vielen Kiemen- und den meisten Urschnecklingen an der Spitze eines Rüssels, was einerseits die Nahrungsaufnahme flexibler macht, andererseits aber auch den Schnabel weiter von der Rückenschale entfernt, so dass die Muskelansätze ungünstiger liegen, was ein kräftiges Zerreiben harter Nahrung erschwert. Bei den meisten höheren Schnecklingen wird der Schnabel daher durch zwei gezähnte Platten im Schlund ergänzt, die Nahrung durch reiben aneinander zerkleinern können (Abb. 4a, Querschnitt durch den Kauschlund in 4b). Durch diese Kombination kann Nahrung effektiv gefangen, abgerissen oder abgeschnitten und dann im Rachen gekaut werden - ähnlich wie dies die menschlichen Schneide- und Backenzähne erlauben, allerdings mit zwei im rechten Winkel gegeneinander versetzt ablaufenden Bewegungen.
|
Abb. 5: Mundwerkzeuge der Gliederschwimmer |
Die vielleicht komplexesten Mundwerkzeuge finden sich bei den Gliederschwimmern. Hier ist der untere Teil des Schnabels verloren gegangen und die beiden Mahlplatten des Schlunds sind nach vorne verlängert, um mit dem oberen Teil des Schnabels ein dreiteiliges Maul zu bilden (Abb. 5a im Längsschnitt, 5b von oben ohne Oberschnabel, 5c von vorne). Die unteren beiden Hälften haben dabei eine doppelte Funktion des Greifens oder Schneidens im vorderen Bereich und des Mahlens oder Reibens im hinteren, wobei beide Funktionen je nach Ernährungsweise mehr oder weniger stark ausgebildet sein können. Durch den tief im Schlund liegenden, mahlenden Teil der Mundwerkzeuge profitieren diese von einer guten Muskelanbindung an die Rückenschale und eine großen Hebelwirkung, so dass das so gebildete "Zangenmaul" eine deutlich größere Beisskraft aufbringen kann als die Mundwerkzeuge anderer Schencklinge vergleichbarer Größe.
|
Abb.6: Flossenschlängler |
Bei zwei Gruppen von Gliederschwimmern ist schließlich der obere Schnabelteil mit dem vorderen Ende der Rückenschale verschmolzen, so dass nur noch zwei bewegliche Mandibeln übrig bleiben, die sich gegen eine Oberkante bewegen können. Dies sind die zum einen die wenig furchterregenden Flossenschlängler (Abb. 6), die ihre Mandibeln mit einem weit dehnbaren Schlund kombinieren und zum zweiten die Mandibelhaie (siehe letzter Blogpost) als Topräuber der Colchismeere. Bei diesen streckt sich ein Teil des Kopfpanzers an den Seiten herab, so das sich ein besonders guter Muskelansatz für die Mundwerkzeuge und somit der kräftigste Biss aller Schnecklinge ergibt (Abb. 5d). Die meisten Mandibelhaie können dabei sowohl horizontal (mit beiden Zangenhälften gegeneinander) als auch vertikal (mit der geschlossenen Zange gegen die Oberseite des Kopfschildes) zubeissen, so dass sie neben dem kräftigen auch einen flexiblen Biss aufweisen, was es ihren Beutetieren nicht gerade erleichtert zu entkommen.